De/Vision - Devolution (2003) Review




Finstere Wolkentürme thronen über tiefdunklen Gewässern. Eine gespenstische Stille, ab und an von sanftem Grollen durchsetzt. "Two" hinterließ Spuren.
Doch in der Ferne formieren sich schimmernde Lichter, die sich zu grell blinkenden Lettern zusammensetzen.

Devolution.

Neubeginn im Schattenreich.

Mit der erstmaligen Mitwirkung von Arrangeur Josef Bach wurde der Grundstein für die künftige Ausrichtung des Soundbilds gelegt und eine jahrelange, durchaus fruchtbare Zusammenarbeit war die Folge. Nach dem für die Band sowohl produktionstechnisch wie persönlich schwierigem "Two" sollte der Nachfolger auf deutlich gelösteren Schwingen gleiten, ohne an Melodik und Emotion einzubüßen.

Der Einstieg gelingt mit "Sadness" auch vielschichtig. Die Soundfragmente schleichen durch bedrohlich pumpende Katakomben, in einem Augenblick wolkengleicher Schwerelosigkeit fallen zarte Lichtstrahlen durch das kalte Mauerwerk, erhellen das Szenario und treiben die Taktfrequenz energisch an. Aufgestaute Trauer ist fühlbar, doch im pulsierenden Synthstrudel lösen sich die letzten Fesseln zweifelnder Erinnerung und der Blick geht nach vorn. Schweift umher.
Vorbei an Fiktionen larmoyanter Schönheit ("When The World Dissapears"), die mit arrythmischen Drumsets eine porenreine Synthetiklandschaft kreieren, in welcher der Synthesizer leise kreiselt.

Zu gedämpft wiegendem Gitarreneinsatz erzeugt "Miss You More" in der Hookline eine Atmosphäre gleißend-technisierter Hitzewellen. Man fühlt sich in eine endlose Steppe versetzt, staubtrocken unter der brütenden Mittagssonne auf dem Pfad der Sehnsucht.
An anderer Stelle flammen sinnliche Leuchtfeuer auf. "Far Too Deep" brilliert mit  nocturnaleingefärbter Klangarchitektur und vollmundig schepperndem Schlagzeug inmitten lasziv aufgeladener Stimmungswogen.

Die Synths wirbeln durch die Tonpassagen und entladen sich im funkelnden "Drifting Sideways", einem poppig flirrenden Electrofeuerwerk, dessen gleißender Sprühregen sich auf der schummrigen Tanzfläche verteilt, um danach von der kraftvollen Ballade "A New Dawn" aufgefegt zu werden, die ganz auf ihr sinnierend verspieltes Pianothema vertraut. Über besagter Fläche schwebt schemenhaft "Digital Dream", dynamisch aufstampfend in im diffusen Dämmerglanz tänzelnden Nebelschwaden. Das sich anschließende "You Say" kombiniert puristische Eleganz mit euphonischer Hingabe, pendelt durch den gläsernen Klangraum und leitet nahtlos in "Mary Jane" über, das auf sphärischen Astralbahnen ins elektronische Sternengewölbe dahingleitet.

Mit raffinierten, dezent eingesetzten Klavierakzentuierungen und markant gesetzten Vocals von Steffen Keth vollführt "The Day's Not Done" als finaler Wegpunkt der "Devolution" den Spagat zwischen Melancholie und Aufbruchstimmung.

Gingen auf "Two" noch die emotionalen Strukturen weit über die Songs hinaus und verströmten in ihrer bleiernen Tristesse eine tiefpersönliche Hörerfahrung, geht "Devolution" einen neuen Weg und entpuppt sich als enthemmter und positiver in der Weiterentwicklung. Die Dunkelheit lichtet sich und der Kompass zeigt gen "6 Feet Underground".

8/10


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