Wilson Go Pop - To The Bone - Blamiert sich Steven bis auf die Knochen?

To The Bone (2017) Review

Schaut man sich die Trackliste an und dann die Länge der Stücke, ist genau eines voll Radio kompatibel, nämlich Permanating, Track 6 von 11. Mit genau 3:35 min, hat es wirklich gute Chancen im Radio voll ausgespielt zu werden. Blank Tapes (Stück 7) mit 2:09 min ist eine Ballade, die nicht als reines Popstück durch gehen kann, weil sie als Duett gesungen, nicht Radioballaden üblich ist. Alle anderen 9 Stücke, liegen teils deutlich über 4 min und fallen damit raus, das Kriterium für belanglose Popmusik zu erfüllen.




An alle Wilson Fans gerichtet, macht euch keinen Kopf, Wilson verlässt mit diesem Album keine gut eingelaufene Pfade, sondern wird neue Wege und Hörgewohnheiten auftun. Bei mir hat er mal wieder alles nieder gerissen, was ich so nicht erwartet habe. Nur weil es eingängiger wird und man teils mit seinem Fuß mit wippt, eventuell den einen oder anderen Refrain nach dreimaligem Hören mitsingt, hat Wilson nicht weniger Anspruch an den Hörer gestellt. Nach wie vor gilt, jedes Stück spannend wie eine kleine Geschichte, der Meister will sich nur breiter positionieren. Was ihm vortrefflich gelingt!




Das gelingt ihm vor allem durch eine tolle Gitarrenarbeit. To The Bone, Nowhere Now, Pariah und Refuge (ein Mundharmonika Solo macht das Stück zu was besonderem) stehen dafür, Riffs und Solis genauso intensiv und passend wie Regret#9 von Hand Cannot Erase, zu beinhalten. Nackenhaare lassen grüßen! The Same Asylum As Before, hat auch eine tolle Gitarre, herausragend macht das Stück erst die gigantische Rhythmusabteilung, der Bass + Schlagzeug im Mittelteil, die sich fast überschlagen und dann von der Gitarre eingefangen werden, ganz groß. 




Den klassischen Steven Wilson, findet man dann im letzten Drittel wieder. Angefangen mit People Who Eat Darkness (die Rhytmusinstrumente ragen hier raus), über Song Of I (was fast biografisch gemeint sein könnte) hinein in den Prog - Gozilla Detonation, finden kumuliert nochmal alle Einzelteile statt und ergeben einen kompletteren Wilson, als jemals zuvor.




Unbedingt erwähnt werden muss, das Wilson wieder etliche sehr gute Solokünstler um sich scharrt. Sophie Hunger (als Gast in Song Of I) und Ninet Tayeb, die die meisten weiblichen Gesangparts übernimmt, tragen viel zu der Stimmung des Albums bei. 

Nehme ich den Rausschmeißer Song Of Unborn als Aufforderung nicht zurück zu schauen, Vergangenes mit zu nehmen, aber immer nach neuen Ufern Ausschau zu halten, dann ist das sicher optimistischste Album, Steven Wilson, mehr als gelungen. Ich lehne mich wahrscheinlich nicht weit aus dem Fenster, das nach seinem Meisterwerk Hand Cannot Erase (2015), er hier noch eine Schippe drauf legt. Gerade weil das vorliegende Album kein Konzept beinhaltet, sondern nur geile Musik sein soll und ist (wie oben schon geschrieben, ohne seinen eigene Ansprüche zu verraten). Man kann nur hoffen, das er mit der Öffnung zu eingehender Songstruktur, ein größeres Publikum erreicht und er live demnächst die Bestuhlung weg lässt. 2018 werde ich mir definitiv wieder einen Wilson live geben und tanzen, egal was Steven davon hält.

5/5 - Progpop (jetzt erfindet Wilson auch noch gleich ein neues Genre) Album des Jahres 

 
P.S.: Ach quatsch, der lädt mich ein auf seine Bühne und tanzt mit mir zusammen, zu seiner Musik! So schön getanzt hat Wilson noch nie.

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